Beschreibung

Predigt Wo habe ich dich gesehen? - Christkönig 2020

Evangelium Mt 25,31-46

Ein Mann, sein Pferd und sein Hund wurden vom Blitz getroffen. Ohne, dass sie es gemerkt haben, setzten sie die Wanderung im Jenseits fort. Schrecklicher Durst setzte ihnen zu. Plötzlich sahen sie einen goldenen Palast mit einem Brunnen davor. Das kristallklare Wasser versprach Erleichterung. “Was ist das für ein Ort”, fragte der Mann den Wärter. “Es ist der Himmel”, antwortete dieser. “Wir würden so gerne unseren Durst löschen”, bat der Mann. Der Wärter zeigte auf den Brunnen. Als jedoch der Wanderer sein Pferd und seinen Hund mitnehmen wollte, hörte er, dass Tiere dort nicht erlaubt sind. Weil er seine Freunde in Not nicht verlassen wollte, ging er schweren Herzens weiter. Nach einer Weile erblickte er ein altes Tor. Dahinter war ein Garten zu sehen. “Mensch, sind wir durstig”, sagte er auch diesmal zum Wärter. Der Mann lächelte freundlich und sagte: “Geht dort hinein, hinter dem Tor ist ein Brunnen”. Sie tranken und der Mann fragte wiederum, was das für ein Ort sei. “Der Himmel!”. Erstaunt warf der Wanderer ein. “Und das da drüben? Ihr sollt den Missbrauch eures Namens unterbinden”. Der traute seinen Ohren nicht, als er die Erklärung des Wärters hörte: “Wir sind sogar froh darüber. Denn dort bleiben all jene, die problemlos ihre besten Freunde in Not verlassen und auch vergessen. Das ist nämlich die Hölle!”

(Übernommen von: Jozef NIEWIADOMSKI; Schlusspunkt Tiroler Sonntag Nov 2020)

 

Liebe kleine Gottesdienstgemeinschaft heute am Christkönigsonntag.

Wir zehn (derzeitige österreichische Regelung im Rahmen des Lockdowns) feiern stellvertretend für viele jetzt den Sonntagsgottesdienst.

 

Wir feiern in einer Zeit, in der aufgrund der Coronakrankheit und so mancher schwierigen Situation bei vielen Menschen im Land die Anspannung wächst und die Nerven blank liegen. Die Unterschiede werden schärfer: Einige z.B. in den Krankenhäusern Übermenschliches leisten Übermenschliches, andere fallen in den Reflex der Ellbogentechnik und des puren Egoismus zurück.

In solchen Zeiten tut es gut, den Blick auf das Wesentliche und die großen Zusammenhänge zu werfen. Das heutige Fest Christkönig und die Bibeltexte dazu sind eine große Hilfe. Zwei kleine Beobachtungen:

 

Wo habe ich dich gesehen?

Ist euch schon einmal aufgefallen, dass im großen Evangelium von den Werken der Barmherzigkeit ganz oft die Frage gestellt wird: Wo habe ich dich gesehen?

 

Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben?

Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben?

Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?

 

Zunächst bin ich überzeugt: Es ist gar nicht so leicht, die Not der anderen zu sehen und sie nicht zu übersehen. Es benötigt immer wieder die eigene Schulung, die Welt aus der Perspektive andere zu sehen. Dann verstehen wir manches anders, wohl auch besser.

Dann muss ich nüchtern feststellen: Es geht oft so schnell, dass wir zwar die Not der anderen sehen, aber trotzdem vorbeigehen und vorbeilaufen. Im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter sehen der Priester und der Levit den Verletzten, sie gehen aber trotzdem weiter. Es heißt ganz ausdrücklich im Bibeltext: Er sah ihn und ging vorüber (Lk 10,31.32)

In der Geschichte vom Mann mit seinem Pferd und seinem Hund, die ich am Beginn erzählt habe, zeigt sich die Gefahr, im Krisenfall nur an mich zu denken und das treue Pferd und den Hund zurückzulassen.

 

Das heutige Fest erinnert uns, die Augen und das Herz zu öffnen.

Ich bin froh, dass in der Pfarrkirche St. Andrä an der Südwand die Werke der Barmherzigkeit dargestellt werden (Lienzer Maler Nikolaus Kenntner; Fresko von 1454) und in der Kapelle in Wohnheim Lienz eine Plastik steht, die Jesus als König zeigt, der gerade die Benachteiligten zu seinem Tisch einlädt (Jos Pirkner, Video dazu auf https://www.youtube.com/watch?v=_yd8k-0PzO4)

 

 

Grüß Gott

Zweiter Gedanke: Der Satz Was ihr für einen meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan, gehört zu den zentralen Glaubensbekenntnissen des christlichen Glaubens.

Wir sind überzeugt, dass wir Gott ganz besonders im Mitmenschen begegnen und finden: Ich suchte Gott und fand ihn nicht. Ich suchte mich selbst und fand mich nicht. Ich suchte den Nächsten und fand alle drei.

 

Auch deswegen mag den Gruß „Grüß Gott“ sehr gern. Er erinnert mich daran, dass in jenem konkreten Menschen, dem ich gerade begegne, Spuren von Gott zu finden sind. Ich grüße in dir Gott, du bist ein Kind Gottes.

 

 

Details
  • Datum: 22. November 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Matthäus 25,31-46