Beschreibung

Predigt Was würde Johannes der Täufer heute predigen?

Evangelium Johannes 1,6-8.19-28, So 13. Dez 2020

 

Mit welcher großen Gestalt der Geschichte möchten sie gern einmal bei einem Essen zusammensitzen? Welche Fragen würden sie dieser Person gerne stellen? Ich möchte u.a. Johannes den Täufer treffen. An ihn habe ich viele Fragen:

  • Wie war damals die Stimmung im Heiligen Land?
  • Haben die Menschen ganz sehnlich den Messias erwartet?
  • Wie war es in der Wüste und bei der Taufe Jesu am Jordan?
  • Wie hast du gemerkt, dass dieser Jesus der verheißene Messias ist?
  • Was würdest du unserer Zeit besonders raten?

Ja, Johannes wäre für mich ein interessanter Gesprächspartner. Wer in den vier Evangelien genau liest, erkennt mehrere Schwerpunkte seines Wirkens. Drei möchte ich herausgreifen:

 

Johannes als erster Zeuge Jesu

Das Evangelium vom 3. Adventsonntag beschreibt Johannes den Täufer als ersten Zeugen Jesu. Die Priester und Leviten, die zu ihm an den Jordan kommen, bindet er nicht an sich, sondern verweist sie sofort an Jesus weiter. Sein Zeugnis für Jesus ist kein bezahlter Job oder im Auftrag einer Werbeagentur, sondern geschieht aufgrund seiner Erfahrungen bei der Taufe Jesu:

 Er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes. (Johannes 1,32–34)

Johannes ist überzeugt, dass die Begegnung mit Jesus ein Leben verändert. Deshalb schickt er sogar zwei seiner eigenen Jünger zu Jesus.

Bischof Manfred Scheuer schrieb dazu vor Jahren in einem Hirtenbrief: „Johannes der Täufer verweist auf Jesus. Seine Existenz ist die des Zeigefingers. Nicht im Sinne des Anprangerns, der Bedrohung, des Bloßstellens, sondern im Sinne von Hinführung und Anwaltschaft. Er ist nicht einfach ein Wahrsager, aber er sagt die Wahrheit.“

 

Übrigens: Das Johannesevangelium spricht von mehreren Zeugen. Dabei lässt sich eine klare innere Logik erkennen: Jesus ist der Zeuge schlechthin. Weil er ganz vom Vater kommt, kann er das höchste Zeugnis für den Vater und für die Wahrheit geben. Menschen wie Johannes der Täufer legen Zeugnis für Jesus ab, um andere von der Größe Jesu zu überzeugen und zu Jesus hinzuführen. Jesus fordert auf, dass nicht nur wenige Auserwählte, sondern alle Menschen von ihm Zeugnis geben. Für diesen Dienst verspricht er allen den Heiligen Geist als Hilfe. Das griechische Wort für Zeuge heißt „martyr“. Manche Zeugen wurden zu Märtyrern Jesu.

 

Johannes als Bußprediger

Ihr Schlangenbrut. Wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt? Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. (Mt 3).

Wo Johannes den Eindruck hatte, dass Buße und Umkehr nicht ehrlich gemeint sind, dort redet er Klartext. Ihr lügt euch in die eigene Tasche, wenn ihr meint, durch eure Herkunft von Abraham sei schon alles geklärt. Er legt den Finger genau auf die Dinge, die stinken.

Wo benötigen wir heute Propheten wir Johannes? Werden sie gehört? Hörst du sie für jene Bereiche, die auch dich betreffen.

 

Johannes als Sozialapostel

„Was sollen wir tun?“ Das Lukasevangelium berichtet, dass viele Menschen mit dieser Frage zu Johannes kommen. Johannes gibt ihnen ganz konkrete Antworten:

Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso! Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und fragten ihn: Meister, was sollen wir tun? Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist! Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!“ (Lukas 3)

Johannes fordert hier die Grundthemen des Zusammenlebens ein: gelebte Solidarität, Achtung der Menschenrechte, Beschränkung der eigenen Gier.

Johannes verlangt nicht, das letzte Hemd herzugeben und dann selber nackt da zu stehen. Aber für ihn ist klar: Beim Teilen geht es nicht nur darum, im übervollen Kasten von den sieben Mänteln oder von den vielen Pullovern einen herzugeben. Schließlich muss ja der Kasten wieder etwas frei werden, damit Platz ist für die neue Frühlingsmode. Ich frage mich manchmal. Wie weit soll mein Teilen gehen?

 

Was sollen wir in diesem Advent 2020 ganz besonders teilen?

Im Blick auf die gesamte Welt ist für mich klar: Die soziale Ungerechtigkeit und die großen Unterschiede der Kontinente sind die Wurzeln der Kriege. Die Coronapandemie macht die Unterschiede noch schlimmer.

Als Lösung gilt die alte Weisheit der Psalmen: „Gerechtigkeit und Friede küssen sich.“ (Psalm 85) Bevor nicht mehr Gerechtigkeit herrscht, wird es auch nicht Frieden geben.

Die Aktion Bruder und Schwester in Not, die bei uns immer am 3. Adventsonntag stattfindet, ist ein Schritt für Gerechtigkeit in der Welt. Bitte helft mit.

Details
  • Datum: 12. Dezember 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 1,6-8.19-28