Predigt Herz oder Faust – Herz Jesu Fest 2020

Predigt Herz oder Faust - Herz Jesu Fest 2020

Evangelium Matthäus 11,25-30

Ich weiß nicht, ob euch schon einmal aufgefallen ist, dass unser Herz gleich groß ist wie unsere Faust. Das hat mich angeregt, nachzudenken, was die Unterschiede zwischen Herz und Faust sind.

Ich möchte mit einem kleinen Experiment starten: Ihr seht hier meine geballte Faust. Die geballte Faust ist das Sinnbild

• für einen erzürnten Menschen,
• für jemanden, der nicht reden kann, sondern sofort dreinschlägt,
• für jemanden, der keine Geduld hat
• oder für einen gekrümmten Menschen mit einem verschlossenen Herzen. Dafür gibt es sogar einen lateinischen Fachausdruck: „homo incurvatus in se ipsum“ bzw. „cor incurvatum in se ipsum“

Möglichkeiten, eine geballte Faust zu öffnen

Meine Frage: Wie gelingt es, die geballte Faust eines Menschen zu öffnen, der alles daransetzt, dies zu verhindern und seine ganze Gewalt und Aggression in die Faust hineinschlägt

Erste Möglichkeit: Mit Kraft und mit Gewalt

Dieser Versuch scheitert. Wenn ich eine Faust mit Gewalt öffnen will, dann kann ich höchstens die Finger verletzen oder brechen, aber nicht die Faust öffnen.

Zweiter Möglichkeit: mit Streicheln und mit Gut-Zureden

Probiert einmal, ob das einem sturen Typen zum Erfolg führt. Wohl auch nicht.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, nämlich, die eigene Hand unter die geballte Faust zu legen und diese in der eigenen Hand zu halten, ohne irgendetwas weiteres zu tun.

Nach etwa zwanzig Minuten öffnet sich die Faust - selbst dann, wenn der Betroffene sich mit aller Kraft bemüht, seine Faust geschlossen zu halten. Die Wärme der einen Hand lässt die Nerven der geballten Hand „einschlafen“ und so löst sich das Geballte, weil es kein natürlicher Zustand ist.

Das Herz Jesu öffnet so manche Faust

Nun, was hat das alles mit dem Herzen und mit dem Herz-Jesu-Fest zu tun?

Beim Herz Jesu Fest schauen wir Jesu Methode, auf so manche Faust zu antworten.

Seine Leidensgeschichte mit dem durchbohrten Herzen am Kreuz zeigt die Methode Jesu:

• es geht ihm nicht um Gewalt
• es geht ihm nicht um süßliches Getue nach dem Motto „Ihr seid alle lieb“; er sagt ganz klar zu den Soldaten: Warum schlägst du mich!
• es geht um seine treue Geduld und seine Hand, die er mit seinem Leben unter das Leben von uns allen legt.

Nie können wir tiefer fallen als in die Hände Gottes. Menschen und Herzen öffnen sich dort, wo geballten Fäusten offene und tragende Hände begegnen.

Unser Herz

Das hat Folgen für uns, aber nicht deswegen, weil wir so gut sind oder so spitze.

Die Logik des Herz Jesu Festes ist eine andere, sie ist in den heutigen Bibelstellen zweimal formuliert:

Im Evangelium sagt Jesus: Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.

Schon die Lesung aus dem Buch Deuteronomium (7,6-11) bringt es auf den Punkt: Nicht weil ihr zahlreicher als die anderen Völker seid, hat euch der Herr ins Herz geschlossen und ausgewählt, sondern weil der Herr euch liebt.

Weil ihr ein heiliges Volk seid, darum liebt euch der Herr. Weit gefehlt! Sondern! Weil der Herr euch liebt, darum werdet ihr sein heiliges Volk.

Dazu passt ein Satz, den ich einmal bei einer Tagung für Religionslehrer mitgenommen habe: „Liebt die Kinder, und zwar nicht deswegen, weil sie immer lieb sind, sondern deswegen, weil sie immer Liebe brauchen.“

Beim Herz-Jesu Fest übersehen wir die Menschen mit der Faust nicht, sondern fragen uns, wie die Faust gelöst werden kann.

Faust und Herz

Unser Herz hat die Größe einer Faust.

Eine Faust drückt zusammen.

Eine Faust kann zuschlagen.

Eine Faust ist hart.

Das Herz nimmt und gibt weiter.

Das Herz ist verletzlich.

Jesus hat am Kreuz sein Herz für immer geöffnet.

Jesu Herz wurde durchbohrt.

Gott sei Dank hat Jesus am Kreuz nicht mit der Faust zugeschlagen.

Nicht Faust um Faust, sondern offenes Herz für die Menschheit.

Nicht Faust um Faust, sondern ein Herz, das sich sogar verletzen lässt.