Beschreibung

Predigt Gottlob, dass ich kein Pharisäer bin!

Evangelium: Lukas 18,9-14; 27. 10. 2019

 

Ein Mensch betrachtete einst näher

die Fabel von dem Pharisäer,

der Gott gedankt voll Heuchelei

dafür, dass er kein Zöllner sei.

Gottlob! Rief er in eitlem Sinn,

dass ich kein Pharisäer bin.    

So Eugen Roth in einem Gedicht zum heutigen Evangelium, in dem er wie so oft eine menschliche Schlagseite auf den Punkt bringt.

 

Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf um zu beten:

  • Der eine gehört zur Gruppe der Insider, der andere zu den Außenseitern der Gesellschaft
  • Der eine ist für das Volk Israel zuständig, der andere arbeitet mit den Römern zusammen
  • Der eine ist ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.

Diese beiden Personen laden ein, in den Spiegel zu schauen, wie ich bin. Sofort ist dabei klar: Hier geht es nicht um Berufe, sondern um Charaktertypen, um persönliche Eigenschaften.

Gebet

Vom Pharisäer heißt es in der heutigen Lesung: Er sprach bei sich dieses Gebet.

Diese Übersetzung ist schwach: „proseucheto“ heißt eigentlich: „er betete zu sich selbst“.

Ist das ein Gebet, wenn ich zu mir selber spreche und keine neue Instanz dazukommt?

Wir merken: Allein hier liegt ein Problem. Dieser Mann kreist allzu sehr um sich selbst und kann dann alles nur aus seiner Perspektive sehe. Kein Wunder, dass er engstirnig und engherzig geworden ist. „Wer sich selbst zum Schüler hat, hat einen Esel als Lehrer“ (Franz von Sales)

Beten öffnet eine zusätzliche Tür. Ich darf mein Leben mit den gütigen Augen Gottes anschauen und muss mich nicht um mich selbst drehen

Und das Gebet des Zöllners? Der Zöllner bleibt ganz hinten im Tempel stehen und wagt nicht einmal, die Augen zum Himmel zu erheben. Er betet: Gott, sei mir Sünder gnädig.

Dieser Zöllner tut nicht lange herum und redet auch im Gebet nicht lange um den Brei.

Heute ist es nicht in, sich als Sünder zu bekennen. Das klingt veraltert, fast schrullig. Leider verhindert dieser Trend, genau hinzuschauen, um Entschuldigung zu bitten und dann ganz etwas abzuschließen und gut sein zu lassen.

Vergleichen

Schon der Beginn des Evangeliums bereitet uns auf eine menschliche Gefahr vor: Einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, erzählte Jesus dieses Gleichnis.

 

Der Pharisäer vergleicht und schaut dabei auf jemanden herab. Er profiliert sich auf Kosten anderer: „Hast du schon gehört, was der getan hat!“ „Schlimm, wie hintertückisch die ist“ „Da bin ich ein Engel!“

Der Zöllner vergleicht nicht, er schaut zu Gott hinauf und bittet um Erbarmen. Er sucht auch keine Ausreden: „Was soll ich tun bei diesem Beruf!“ „Sonst bin ich arbeitslos!“  „Die anderen tun es auch!

 

Selbstbewusstsein

Welches Selbstbewusstsein ist höher? Das des Pharisäers oder das des Zöllners.

Der Pharisäer definiert sich über seine Leistung; auch Leistung auf Kosten anderer; er braucht Gott als Selbstbestätigung, wie gut er ist.

Der Zöllner macht Gott nichts vor und setzt keine Maske auf. Er jedenfalls geht gerechtfertigt und befreiter heim. Der Pharisäer kreist weiter um sich selbst.

Die Frage geht auch an uns: Woher beziehe ich mein Selbstbewusstsein: Von Leistung, vom Vergleichen mit anderen, zutiefst von Gott und meiner unauslöschlichen Grundwürde als Mensch.

 

Gebet:

Gott, du führst uns vor Augen,

wohin menschliche Schwächen uns treiben können.

Hilf uns, das Leistungsstreben und das Vorteilsdenken zu überwinden

und in Bescheidenheit nach dem Wohl der anderen zu schauen.

 

Details
  • Datum: 27. Oktober 2019
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 18,9-14