Beschreibung

Predigt Gespräch am Jakobsbrunnen 

Lesung: Ex 17,3-7; Evangelium: Johannes 4,5-42; 15.3.2020

 

Darf ich in diesen Tagen überhaupt noch mit jemanden reden oder muss ich jeden Kontakt meiden, damit mich niemand ansteckt und ich niemanden anstecke? Wie erkenne ich, ob jemand eine Bedrohung für mich ist oder eine Hilfe?

In diesen Tagen, in denen sich in ganz Europa der Coronavirus so schnell und unberechenbar ausbreitet, stellen sich wirklich die radikalsten Fragen des Lebens und vieles, das bisher so wichtig war, verliert an Bedeutung.

 

Für mich ist klar:

  • Hoffentlich reden wir noch miteinander und beachten dabei die derzeit sinnvollen Vorsichtsmaßnahmen.
  • Hoffentlich suchen wir den Kontakt zu anderen, vorwiegend über Telefon, Begegnungen auf der Straße, auch übers gemeinsame Gebet.
  • Hoffentlich sehen wir im anderen Menschen plötzlich nicht nur die Bedrohung. Es wäre schlimm, wenn wir nur mehr in Schablonen denken und z.B. in jeden Italiener eine tickende Bombe für die Ansteckung sehen.
  • Hoffentlich gelingt es, jetzt aus so manchen Hamsterrad heraus zu kommen, mehr Zeit zum Lesen und Nachdenken zu finden und auch die Zeit daheim nicht nur zum Fernsehen, sondern auch zum aufmerksamen Gespräch zu nützen.

In der Zeitung (TT) hat es am Freitag geheißen: „Im besten Fall wachsen wir als Familie zusammen. Im schlechtesten Fall erschlagen wir uns gegenseitig. Viel größer als die Angst vor dem Coronavirus ist die Angst, wochenlang mit den eigenen Kindern Zeit in den eigenen vier Wänden oder im menschenleeren Wald zu verbringen.“

 

Mit diesem Hintergrund, dass die meisten von uns plötzlich mehr Zeit haben, lade ich jetzt zu einem genauen Blick auf das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen auf.

 

Jesus bricht gleich mehrere Tabus

Zunächst fällt auf: Jesus leistet sich gleich mehrere Tabubrüche.

  • Er redet mit einer fremden Frau. Das galt damals als ungehörig. Entsprechend reagieren seine Jünger. Wir lesen es im Bibeltext: „Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du? oder: Was redest du mit ihr?“ (V 27)
  • Außerdem redet der Jude Jesus zu einer samaritischen Frau. Das lässt die Frau selbst fragen: „Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten?“ Das Johannesevangelium verdeutlicht seinen Hörern und Lesern den Skandal: „Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern“ (V 9)
  • Ferner hat Jesus - und das weiß er ganz genau- eine Frau vor sich, die mit einem Mann zusammenlebt, den sie offiziell nicht mehr heiraten kann, weil sie schon fünf Männer gehabt hat. Und mit „so einer“ redet Jesus.
  • Und nicht zuletzt: Er führt mit ihr ein theologisches Gespräch. Auch das war nicht üblich.

Ich will damit nicht ableiten, dass wir uns in diesem Tagen um Nichts kümmern und alle Grenzen überschreiten. Ganz im Gegenteil. Ich will aufzeigen, worauf Jesus den Schwerpunkt setzt.

 

Richtige Verhältnis zwischen Nähe und Distanz

Die Samariterin, die im Bibeltext nicht einmal einen Namen hat, sucht zunächst ganz gezielt die Anonymität und den Schutz. Deshalb kommt sie in der Mittagszeit – zur sechsten Stunde - zum Brunnen, um dort niemand zu treffen. Die meisten Frauen kommen in der Früh oder am späten Nachmittag zum Brunnen, um Wasser zu holen, aber auch um sich zu treffen.

Obwohl Jesus einige Tabus bricht, bewahrt er die Achtung vor der Frau und tut nicht so, als ob sie sich schon lange kennen würden oder als ob er ihr nur diktieren bräuchte.  Deshalb bitten Jesus die Frau zwar bestimmt, aber auch höflich: „Gib mir zu trinken!“ (V 7)

 

Steigende Offenheit und steigendes Vertrauen

Viele Gespräche unter uns verlaufen so, dass sie neutral beginnen, aber irgendwann der Punkt kommt, wo das Misstrauen beginnt und dann vieles entweder heuchlerisch oder diplomatisch oder langweilig wird.

Beim Gespräch zwischen Jesus und der Samariterin scheint das nicht der Fall zu sein. Ganz im Gegenteil: Das Vertrauen wächst und wächst. Die Frau stellt Fragen, die sie sonst nie stellen würde und am Ende kann sie ganz überzeugt zu den Dorfbewohnern sagen. „Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Christus?“ (V 29)

 

Jesus hilft vom ständigen Kreisen um sich selbst wegzukommen

Am Jakobsbrunnen wirft die Frau einen tiefen Blick in den Brunnen ihres Lebens und entdeckt dabei auch manche Abgründe. Das ist nicht fein.

Übliche Reaktion darauf:

  • Unruhe und Flucht vor sich selbst, um nicht genau hinschauen zu müssen.
  • Narzisstisches Verliebtsein ins eigene Spiegelbild, um nur sich selbst zu sehen und keine anderen Argumente an sich heranzulassen

Durch die Hilfe Jesu kann die Samariterin in den eigenen Brunnen schauen.

 

Ihr merkt: Gespräche sind spannend, sie können entweder Spannung erzeugen oder Spannung abbauen und zur Klärung beitragen.

Hoffentlich gelingt es, in dieser Woche gute Gespräche zu haben.

Das wünsche ich uns allen.

 

 

Sprung in den Brunnen

Johannes 4 – Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen

 

Es geht so schnell:

Du drehst dich nur um dich selbst.

Du siehst nur dein eigenes Spiegelbild.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

Es geht so schnell.

Du ziehst dich zurück.

Du baust dir deine eigene Welt.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

Und dann kommt Jesus und reicht dir die Hand.

Jesus sitzt am Brunnen.

Jesus spricht dich an.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

Und dann kommt Jesus und reicht dir die Hand.

Selbst musst du in den Brunnen springen.

Selbst musst du die Tiefe wagen.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

Es geht nicht so schnell.

Du musst nicht mehr alles schönreden.

Du kannst die Wahrheit aussprechen.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

Es geht nicht so schnell.

Du drehst dich nicht mehr um dich selbst.

Du baust mit an einer besseren Welt.

Wage wie die Samariterin den Sprung in den Brunnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bibeltext Johannes 4 in verteilten Rollen

 

Schade, dass die meisten Menschen beim Lesen des Gesprächs Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen bei den Versen 1-26 stecken bleiben. Sie übersehen den großartigen Gesprächsverlauf und die Art, wie der Glaube an Jesus gefunden und weitergegeben wird, wie der Glaube an Jesus ins Rollen kommt.

 

  1. Gespräch Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen

 

Erzähler: Daraufhin verließ Jesus Judäa und ging wieder nach Galiläa. Er musste aber den Weg durch Samarien nehmen. So kam er zu einem Ort in Samarien, der Sychar hieß und nahe bei dem Grundstück lag, das Jakob seinem Sohn Josef vermacht hatte. Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war müde von der Reise und setzte sich daher an den Brunnen; es war um die sechste Stunde. Da kam eine samaritische Frau, um Wasser zu schöpfen. Jesus sagte zu ihr:

Jesus: Gib mir zu trinken!

Erzähler: Seine Jünger waren nämlich in den Ort gegangen, um etwas zum Essen zu kaufen. Die samaritische Frau sagte zu ihm:

Samariterin: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten?

Erzähler: Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. Jesus antwortete ihr:

Jesus: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.

Erzähler: Sie sagte zu ihm:

Samariterin: Herr, du hast kein Schöpfgefäß, und der Brunnen ist tief; woher hast du also das lebendige Wasser? Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns den Brunnen gegeben und selbst daraus getrunken hat, wie seine Söhne und seine Herden?

Erzähler: Jesus antwortete ihr:

Jesus: Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen; wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.

Erzähler: Da sagte die Frau zu ihm:

Samariterin: Herr, gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr habe und nicht mehr hierher kommen muss, um Wasser zu schöpfen.

Erzähler: Er sagte zu ihr:

Jesus: Geh, ruf deinen Mann, und komm wieder her!

Erzähler: Die Frau antwortete:

Samariterin: Ich habe keinen Mann.

Erzähler: Jesus sagte zu ihr:

Jesus: Du hast richtig gesagt: Ich habe keinen Mann. Denn fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann. Damit hast du die Wahrheit gesagt.

Erzähler: Die Frau sagte zu ihm:

Samariterin: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss.

Erzähler: Jesus sprach zu ihr:

Jesus: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet. Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden. Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.

Erzähler: Die Frau sagte zu ihm:

Samariterin: Ich weiß, dass der Messias kommt, das ist: der Gesalbte (Christus). Wenn er kommt, wird er uns alles verkünden.

Erzähler: Da sagte Jesus zu ihr:

Jesus: Ich bin es, ich, der mit dir spricht.

 

Gedanken: Jesus bricht gleich mehrere Tabus

Jesus leistet sich gleich mehrere Tabubrüche.

Er redet mit einer fremden Frau. Das galt als ungehörig. Entsprechend reagieren seine Jünger. Wir lesen es bald im Bibeltext: „Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du? oder: Was redest du mit ihr?“ (V 27)

Außerdem redet der Jude Jesus zu einer samaritischen Frau. Das lässt die Frau selbst fragen: „Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten?“ Das Johannesevangelium verdeutlicht seinen Hörern und Lesern den Skandal: „Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern“ (V 9)

Ferner hat Jesus - und das weiß er ganz genau- eine Frau vor sich, die mit einem Mann zusammen lebt, den sie offiziell nicht mehr heiraten kann, weil sie schon fünf Männer gehabt hat. Und mit „so einer“ redet Jesus.

Er führt mit ihr ein theologisches Gespräch. Auch das war nicht üblich.

 

 

  1. Die Samariterin erzählt von Jesus

 

Erzähler: Inzwischen waren seine Jünger zurückgekommen. Sie wunderten sich, dass er mit einer Frau sprach, aber keiner sagte: Was willst du?, oder: Was redest du mit ihr? Da ließ die Frau ihren Wasserkrug stehen, eilte in den Ort und sagte zu den Leuten:

Samariterin: Kommt her, seht, da ist ein Mann, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe: Ist er vielleicht der Messias?

Erzähler: Da liefen sie hinaus aus dem Ort und gingen zu Jesus.

 

Gedanken: Begeisterte Glaubensvermittler begeistern andere.

Die Frau ist von dieser Begegnung so beeindruckt, dass sie zur Botin wird. Sie bringt die Dorfbewohner in Bewegung: „Da liefen sie hinaus aus dem Ort und gingen zu Jesus.“ (V 30). Begeisterte Glaubensvermittler begeistern andere.

 

 

  1. Jesus und seine Jünger

 

Erzähler: Währenddessen drängten ihn seine Jünger:

Jünger: Rabbi, iss!

Erzähler: Er aber sagte zu ihnen:

Jesus: Ich lebe von einer Speise, die ihr nicht kennt.

Erzähler:  Da sagten die Jünger zueinander:

Jünger: Hat ihm jemand etwas zu essen gebracht?

Erzähler: Jesus sprach zu ihnen:

Jesus:  Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat, und sein Werk zu Ende zu führen. Sagt ihr nicht: Noch vier Monate dauert es bis zur Ernte? Ich aber sage euch: Blickt umher und seht, dass die Felder weiß sind, reif zur Ernte. Schon empfängt der Schnitter seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben, so dass sich der Sämann und der Schnitter gemeinsam freuen. Denn hier hat das Sprichwort recht: Einer sät, und ein anderer erntet. Ich habe euch gesandt, zu ernten, wofür ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr erntet die Frucht ihrer Arbeit.

 

 

  1. Vom Hörensagen zum eigenen Glauben

 

Erzähler: Viele Samariter aus jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus auf das Wort der Frau hin, die bezeugt hatte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe. Als die Samariter zu ihm kamen, baten sie ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage. Und noch viel mehr Leute kamen zum Glauben an ihn aufgrund seiner eigenen Worte. Und zu der Frau sagten sie:

Samariter: Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben und nun wissen: Er ist wirklich der Retter der Welt.

 

Gedanken: Eine Glaubensüberzeugung zieht Kreise

Es bleibt nicht beim Zeugnis der Frau. Die Dorfbewohner kommen zu ihrer eigenen Begegnung mit Jesus: Sie „baten ihn, bei ihnen zu bleiben; und er blieb dort zwei Tage.“ (V 40) heißt es so schön im Text. Damit wird klar: Glaubensüberzeugung ist nicht in flüchtiger Begegnung zu gewinnen. Sie braucht Zeit, um einwurzeln und wachsen zu können. Events allein genügen nicht.

Aufgrund der direkten Begegnung mit Jesus kommen noch mehr zum Glauben an ihn. Das zeigt für mich so wunderbar: Die persönliche Christusbeziehung ist durch nichts zu ersetzen. Sie ist die Basis des christlichen Glaubens. Entsprechend sagen die Mitbürger zu der Frau: „Nicht mehr aufgrund deiner Aussage glauben wir, sondern weil wir ihn selbst gehört haben.“

Eine Glaubensüberzeugung zieht Kreise

 

 

 

Fürbitten:

 

Gott, du bist wie Wasser, das Leben spendet. Darum bitten wir dich:

 

 

Schenke uns das Verlangen von dem Wasser zu trinken, das du uns reichst: das Wasser deiner frohen Botschaft und deiner Liebe zu uns.
Gott, du Quelle des Lebens … wir bitten dich erhöre uns.

 

 

Schenke uns einen klaren Blick, wo wir unseren Durst nach dir überdecken, durch Maßlosigkeit und überzogene Wünsche.
Gott, du Quelle des Lebens …

 

 

Schenke uns den Mut und die Freude am Glauben, die unsere Mitmenschen ansteckt und auf dich aufmerksam macht.
Gott, du Quelle des Lebens ….

 

 

Schenke den Kindern und Jugendlichen gute Vorbilder, die ihnen Werte vermitteln und Ansporn für ein Leben aus dem Glauben sind.
Gott, du Quelle des Lebens …

 

 

Schenke denen, die an sich selbst zweifeln und verzweifeln, die Bereitschaft zur Versöhnung,

Gott, du Quelle des Lebens …

 

 

Schenke den Verstorbenen das Licht deines Lebens.
Gott, du Quelle des Lebens …

 

 

 

Denn aus dir, Gott, leben wir. Dich loben und preisen wir jetzt und in Ewigkeit.

 

Details
  • Datum: 14. März 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 4