Beschreibung

Predigt Dekanatswallfahrt Maria Lavant am 1. Mai 2021

Was können wir von Petrus Canisius lernen?

Prediger: Dekan Bernhard Kranebitter

 

Schuhe des Petrus Canisius

Die bald 500 Jahren alten Schuhe, mit denen unser Diözesanpatron Petrus Canisius etwa 100.000 km unterwegs war, sind in seiner Geburtsstadt Nimwegen in der Petrus-Canisius-Kirche in zu sehen. Mit ihnen hat er umgerechnet 2½-mal den Erdball umrundet, unterwegs zwischen Sizilien und Osnabrück, vom schweizerischen Freiburg bis Warschau. Diese Kopie seiner Schuhe hat ein Haller Schuster für unsere Diözese gefertigt.

Damit die Schuhsohle bei so weitem Weg halten konnte, legte man sie zur Zeit des Canisius ein Jahr lang in Eichenlohe, einer Lösung aus Eichenrinde: ein Muster der Halt-barkeit, Bild für Petrus Canisius.

Als junger Student von 17 Jahren in Köln hatte er einen väterlichen spirituellen Begleiter: Nikolaus von Essche. Dieser redeten ihm bei einem Besuch in den Ferien mit einem Wort gut zu, sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: PERSEVERA! Halte durch! Dieses Wort schrieb Peter sich mit Großbuschstaben in sein Tagebuch.

 

Halte durch

Petrus Canisius hat durchgehalten: in einer katholischen Kirche, die sich in einem katastrophalen Zustand der Auflösung befand. Als er nach Wien kam, hatte es in der Diözese 20 Jahre lang keine Priesterweihe mehr gegeben. Später als Domprediger in Augsburg kamen zu Beginn sage und schreibe 4 Personen, um ihn zu hören, nach einem Jahr kamen 1000.

Was ließ Petrus Canisius in diesen scheinbar hoffnungslosen Fällen durchhalten?

Er hat das PERSEVERA, das starke, treue, kreative Durchhalten zuerst in seinem eigenen Leben von der die Liebe Gottes erfahren.

Der junge Peter war zwar begeisterter Ministrant – aber als Sohn des 9-fachen Bürgermeisters von Nimwegen auch überheblich und dickköpfig – die Liebe Gottes hat bei ihm angeklopft.

Sein Vater wollte, dass sein ältester Sohn in seine Fußstapfen trete als Jurist, Kaufmann Politiker und schicket ihn deshalb zum Jusstudium nach Köln, – die Liebe Gottes blieb dran und Peter machte berührende Erfahrungen mit der flämisch-rheinländischen Mystik und bei den Karthäuser. Er wurde ein glühender Gottsucher.

Sein Vater wollte ihn mit einer attraktiven Tochter aus reichem Hause verkuppeln – die Liebe Gottes zog noch mehr an Petrus.

Schließlich wollte ihm der Vater zumindest eine Priester-Karriere im Kölner Domkapitel mit gutdotierten Pfründen verschaffen. Doch Petrus Canisius traf auf einen der ersten Jesuiten, Peter Faber, der ihn in 30-tägigen Exerzitien begleite. Durch diesen Erfahrungsweg mit Jesus Christus wurde Petrus Canisius beglückend klar: zu Ihm will er gehören im Dienst und der Sendung der Gesellschaft Jesu, der Jesuiten. Am 8. Mai 1543, an seinem 22. Geburtstag legte er Gelübde ab. Statt Jurist wird er Jesuit, statt Domherr – Missionar.

 

Katechismus

Inzwischen hatte die Reformation ihren Siegeslauf fortgesetzt. Unter anderem dadurch, dass Martin Luther einen verständlichen Katechismus über die wesentlichen Dinge des Glaubens geschrieben hatte. König Ferdinand I. gab Canisius den Auftrag, einen katholischen Katechismus zu schreiben. Petrus Canisius gelingt dabei, auch wenn wir heute Wichtiges anders glauben als er, ein entscheidender Clou: wie Martin Luther beginnt er mit der Erklärung des Glaubensbekenntnisses, des Vater unsers und der 10 Geboten – aber behandelt dann ausführlicher, in welcher Gestalt dieser Glaube praktisch lebendig bleibt und Halt gibt.

Als einen bildhaften Vergleich dazu: hier die Außen-Schale eines Touren-Schischuhs: Martin Luther kritisierte mit Recht, dass es im katholischen Kirchenleben dieser Zeit hauptsächlich um äußere Pflichten ging: Sonntagspflicht, Beichtpflicht, Ablassbeten- und -zahlen, Fasten … Aber so ein äußere-Werke-Glauben ist wie Schifahren nur mit der harten Schale des Schischuhs – da reibt man sich die Haut blutig und dir vergeht jede Freude am Schifahren.

Martin Luther betonte dagegen: es kommt aufs Herz des Glaubens an, dass Gott uns liebt und seine Gnade schenkt ohne Vorbedingung … so ein Glaube schmiegt sich an dein Herz an, wie der weiche Innenschuh des Schischuhs. Luther sagte: Vergiss das äußere Leisten von Werken, allein der Glaube, allein die Gnade, allein darauf kommt es an.

Die Überzeugung von Petrus Canisius war: Ja, es braucht zuerst den herzlichen Glauben an Gottes Gnade, aber wenn dieser nicht haltbare Gestalt im Alltag bekommt, wenn er nicht gelebt wird in der kirchlichen Gemeinschaft, mit konkreten Gebetsformen zu Hause, dem Sonntagsgottesdienst, der Nächstenliebe, … Du kommst damit nicht weit, so wie wenn du nur mit dem Innenschuh Schifahren wolltest: die fehlt der Halt!

Petrus Canisius gelingt mit seinen großen, mittleren und kleinen Katechismen, die zu seinen Lebzeiten von 1555-1597 in 347 Auflagen erscheinen, eine Synthese, die für Jahrhunderte hält: Dem herzlichen Glauben an die Liebe und Gnade Gottes– der Gestalt hat und Halt gibt in konkreten treuen gelebten Formen. Was solltest du stärken: den Innenschuh oder die Schale des Glaubens?

 

Schuld des Petrus Canisius

Die Schuld des PC. Zwischen katholischen und evangelischen Christen herrschte damals ein Krieg der Worte. Auch Petrus Canisius hat sich dazu hinreißen lassen, obwohl es ihm hauptsächlich um die Reform der eigenen katholischen Kirche ging und nicht um die Konfrontation mit den Reformatoren. Dem Krieg der Worte folgte schließlich der 30-jähriger Krieg mit seinem unermesslichen Elend.

Zu seiner Schuld - und da folge ich auch wieder dem sehr empfehlenswerten Buch von Matthias Moosbrugger: „Petrus Canisius, Wandere zwischen den Welten“, zu seiner Schuld gehörte besonders, dass er durch seine Predigt den damals kollektiven Hexenwahn verschärft hat, dem wenige Jahre später in der Hexenverfolgung hunderte Frauen durch Folter und Verbrennen zum Opfer fielen.

Wie alle Heilige ist auch er schuldig geworden und hat in seinem Geistlichen Testament um Vergebung gebeten. So zeigen uns auch die dunklen Seiten der Heiligen, dass nicht sie die Mitte sind, sondern Jesus Christus, auf dessen Verzeihen und Erbarmen auch die Heiligen angewiesen sind. Spät aber doch hat Papst Johannes Paul II. zur Jahrtausendwende für die Schuld, die die die katholische Kirche den Mitchristen in den anderen Kirchen angetan hat, um Vergebung gebeten.

Altbischof Manfred hat es einmal so gesagt: „Sünde ist es, sich seiner Zeit zu entziehen.“ Das kann man Petrus Canisius wirklich nicht vorwerfen. Er hat sich voll in seine Zeit investiert. Scheinbar reine Hände hat nur jemand, der nichts tut und meint alles besser zu wissen.

Papst Franziskus formuliert es so: "Mir ist eine 'verbeulte' Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straßen hinausgegangen ist, lieber als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist."

 

Gott sei Dank, dass wir heute in einer Zeit der Ökumene, des Miteinanders von evangelischen und katholischen Christen leben.

Unser Diözesanpatron PC zeigt uns sicher, wie sehr wir der durchhaltenden Liebe Gottes in Jesus Christus trauen können und selbst durchhaltende Menschen werden können: Übrigens heißt der Mars-Rover der derzeitigen NASA Mission auf dem Mars „Perseverance“ – „Durchhaltevermögen“.

Er zeigt uns wie wichtig der für uns der Glaube als ein glühende Herzensanliegen Gottes und des Menschen ist. Der Glaube der mit dem Blick auf die Zeichen der Zeit eine haltbringende Gestalt, Struktur und Schale gewinnt im persönlichen, familiären, gesellschaftlichen und kirchlichen Leben. Amen

Bernhard Kranebitter, Dekan

 

 

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