Predigt Dankbarkeit und der reiche junge Mann
Beschreibung
Predigt Dankbarkeit und der reiche junge Mann
Evangelium: Markus 10,17-30: 13.10.2024
Endlich einer, der sagt: Selig die Armen! und nicht: Wer Geld hat, ist glücklich:
Endlich einer, der sagt: Liebe deine Feinde! und nicht: Nieder mit den Konkurrenten.
Endlich einer, der sagt: Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt! und nicht: Hauptsache vorwärtskommen.
Endlich einer, der sagt: Ihr seid das Salz der Erde und nicht: Ihr seid die Creme della Creme
(nach Lothar Zenetti)
Ich weiß nicht, ob der junge Mann im heutigen Evangelium nach dem Gespräch mit Jesus auch den Gedanken hatte: Endlich einer, der es auf den Punkt bringt. Endlich einer, der mich ermutigt: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben, dann komm und folge mir nach. (Mk 10, 21)
Bewegende und verunsichernde Begegnung
Ich weiß nicht, wie es euch geht: Die Begegnung zwischen Jesus und dem jungen Mann bewegt mich und verunsichert mich zugleich:
- Der Start ist wunderbar: Ein junger Mann läuft auf Jesus zu, es sucht gezielt seine Nähe und zeigt ihm die Hochachtung, indem er vor ihm niederkniet. Schön, wenn junge Leute die Nähe von Jesus suchen.
- Eigenartig, dass Jesus die Anrede Guter Meister zurückweist und auf Gott verweist.
- Wunderbar, wie Jesus dann den jungen Mann bestärkt und ermutigt: Da sah ihn Jesus an und umarmte ihn. Jesus sucht den Augenkontakt und gibt ihm damit Ansehen, Jesus schenkt ihm Nähe und umarmt ihn. Jesus nimmt die Kinder in die Arme. Es gibt wenige Bibelworte, in denen Jesus Menschen umarmt.
- Die Vorzeichen der Begegnung sind gut und trotzdem heißt es am Ende: Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.
Erst jetzt erfahren wir, dass der junge Mann sehr reich war und der Reichtum ihn abhält, Jesus nachzufolgen. Schade, dass jemand, der so hochmotiviert zu Jesus kommt, traurig weg geht. Diese Begegnung, die so viel von der Sehnsucht nach einem erfüllten Leben schildert, hat mich angeregt über den Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und Reichtum nachzudenken.
Der reiche Jüngling fragt: Was muss ich tun? Dankbarkeit fragt: Was wird dir geschenkt?
Es ist ein Unterschied, ob ich den Tag beginne mit dem Vorzeichen „Was wird mir heute alles geschenkt?“ oder mit dem Vorzeichen „Was muss ich Armer heute alles tun?“
Ich bin überzeugt: Wenn ich staunend sehe, was mir alles geschenkt, dann leben ich freier und glücklicher und dankbarer. Dann habe ich nicht den Stress, was ich alles tun muss.
Der reiche Jüngling will das ewige Leben erben. Dankbarkeit staunt über das Leben.
Gut und wichtig, dass der junge Mann nicht nur damit beschäftigt ist, was heute Spaß macht. Er hat das große Lebensziel im Blick. Am Ende hat man allerdings den Eindruck, dass die großen Ziele ihn abhalten, den nächsten Schritt zu machen. Das erlebe ich immer wieder: Menschen haben große Ideen, sie wollen die Gesellschaft verändern, sie wollen eine andere Kirche, sie wollen, dass endlich der Umweltschutz ernst genommen wird. Und was passiert: Sie selbst ändern gar nichts. Manchmal ist ein kleiner Schritt mehr als tausend angedachte gute Ideen.
Der Besitz hält den reichen Jüngling fest. Dankbarkeit gibt frei und macht offen zum Teilen
Ich kenne einige Menschen, die sind an ihren Besitz gefesselt und ständig mit der Frage beschäftigt, wie sie diesen vermehren und erhalten können. Dankbarkeit hilft, frei zu sein und durch Teilen die Welt zu gestalten. Unser Europa ist so reich und trotzdem sehr beschäftigt, wie wir unseren Reichtum erhalten können.
Der reiche Jüngling geht traurig weg. Dankbarkeit macht froh.
Hier schließt sich der Kreis der Dankbarkeit. Ich darf und soll im Leben wieder etwas wagen.
Dass mich Jesus dabei sieht und genau kennt, ist Hilfe und Motivation zugleich.
Da sah ihn Jesus an und umarmte ihn.
Im Evangelium wird klar: Jesus fordert viel, aber es gibt sehr viel zu gewinnen. Für mich ist dies eine Anregung, die Dankbarkeit zu üben und wieder einmal zu schauen, wo ich in meinem Leben eine Herausforderung nützen soll oder wo ich ein falsches Ruhekissen oder auch Angstkissen verlassen soll und kann.
Details
- Datum: 13. Oktober 2024
- Prediger: Franz Troyer
- Bibelstelle: Markus 10,17-30