Predigt Netzwerker gesucht
Beschreibung
Predigt Netzwerker gesucht
Evangelium Johannes 1,35-42, 17. Jänner 2021
In den letzten Jahren höre ich immer öfter das Wort „Vernetzen“ oder sogar als Berufsbezeichnung die englische Form „networker“ (= Netzwerker). Vernetzen bedeutet: Ich helfe mit, dass Menschen miteinander vernetzt sind und vom Wissen der anderen profitieren. Ich wirke mit, dass ein Netz über unsere Gesellschaft gespannt ist, an dem sich Menschen festhalten können und dadurch nicht durchs Netz fallen. Das heutige Evangelium zeigt drei vorbildliche Netzwerker. Allein deshalb ist es schon eine lehrreiche und vorbildliche Erzählung.
Netzwerker Johannes
Im Judentum war es üblich, dass Rabbis Schüler um sich sammeln, um ihnen ihr Wissen und ihre Überzeugung weiterzugeben. Auch Johannes der Täufer tat dies. Beim Anblick von Jesus macht Johannes etwas, das gute Lehrer tun. Er verweist seine Jünger auf den besseren Lehrer. Die Jünger des Johannes vertrauen ihrem Meister und wollen mehr von Jesus wissen. Warum hat ihr Meister so eine Achtung vor ihm? Was ist das Besondere an diesem Jesus? Ist er vielleicht der Messias? Johannes als guter Netzwerker hilft ihnen dabei.
Netzwerker Jesus
Wisst ihr, wie im Johannesevangelium der erste von Jesus gesprochene Satz lautet? „Was sucht ihr?“ Klar, dass Jesus auf das ernsthafte Interesse der beiden nicht antwortet: „Verschwindet! Ihr seid lästig.“. Als der beste Netzwerker zwischen Himmel und Erde bietet Jesus sofort sein hilfreiches Netz an. Sie dürfen einen Tag bei Jesus verbringen.
Es steht nirgends im Bibeltext, was Jesus an diesem Tag mit ihnen getan oder geredet hat. Wir spüren aber, dass die Jünger bei Jesus das gefunden haben, was sie im Innersten gesucht haben.
Samuel Kobia (ehemaliger Generalsekretär vom Ökumenischen Rat der Kirchen) meinte einmal kritisch zum heutigen Christentum: „Es scheint sich eine Art Christentum zu entwickeln, das zwar drei Kilometer lang, aber nur fünf Zentimeter tief ist. Man konzentriert sich nur darauf, dass sich die Leute gut fühlen.“ Jesus schenkt wirkliche Antwort auf alle Lebensfragen. Die beiden Jünger wollen in die Tiefe gehen und zur Quelle vordringen. Sie stehen in ihrem Handeln für ein Christentum, das für Jesus mehr als fünf Minuten pro Woche verwendet und den Sonntag und die Werktage verbindet.
Netzwerker Andreas
Andreas kommt nach dem beeindruckenden Tag mit Jesus heim und erzählt das Erlebte sofort seinem Bruder Simon Petrus. Andreas will das Erkannte nicht allein für sich behalten, er will es teilen. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Nachdem Andreas seinen Bruder zu Jesus geführt hat, steht Petrus im Vordergrund und der Erstberufene tritt in die zweite Reihe zurück. Das scheint für den networker Andreas kein Problem zu sein, die Bibel jedenfalls erzählt nichts von Rivalität und Eifersucht unter den beiden Brüdern.
Vermittler und Netzwerker wie Andreas vertrauen auf das hilfreiche Miteinander. Sie sind keine sturen Einzelgänger, die nur den eigenen Vorteil im Sinn haben. So berichtet das Johannesevangelium an zwei weiteren Stellen, wie Andreas die Fäden im Hintergrund zieht und andere vernetzt. Bei der Speisung der vielen Menschen (Johannes 6,1-15) holt er den kleiner Jungen mit den fünf Broten und zwei Fischen. Mit den Gaben des Buben ermöglicht Jesus, dass nicht nur alle Menschen satt werden, sondern sogar zwölf Körbe übrigbleiben.
Nach dem messianischen Einzug Jesu in Jerusalem (Johannes 12,12–19) gelingt es Andreas nochmals, Menschen zu vernetzen. Zum bevorstehenden Paschafest sind auch griechisch sprechende Gottesfürchtige gekommen. Diese sind keine Juden, teilen aber den jüdischen Gottesglauben. Um Jesus zu sprechen wenden sie sich an den Apostel Philippus, immerhin trägt dieser einen griechischen Namen. Philippus weiß keine Lösung und sucht bei Andreas Rat und Hilfe. Gemeinsam bringen sie die Griechen zu Jesus.
Netzwerker gesucht
Es ist motivierend, wie Andreas bei Jesus Feuer fängt und dann als begabter Vermittler und Ansprechpartner handelt. Für einen gelebten und fundierten Glauben brauchen wir gute Vernetzer in unseren Pfarren. Ich wünsche Menschen, die Jesus suchen, Ansprechpartner wie Andreas, die sie zu Jesus führen und in Not hilfreich zur Stelle stehen.
Ich bin überzeugt, dass wir nach der Coronaepidemie umso mehr bemüht sein müssen, den Kontakt unter den Menschen zu fördern und mit dem Schatz unseres christlichen Glaubens gemeinsam neue Antworten auf die wichtigsten Fragen des Lebens zu suchen. Ich werde mich einsetzen, dass die Kirche und die Pfarren hier einen neuen Schwerpunkt setzen.
Details
- Datum: 16. Januar 2021
- Prediger: Franz Troyer
- Bibelstelle: Johannes 1,35-42