Beschreibung

Predigt Auftreten statt Austreten

Evangelium: Johannes 6,60-69; 25.8.2024

 

Jährlich erscheinen Statistiken über die Kirche Österreichs und Europas. Diese sind für mich meist nicht motivierende, sondern aufrüttelnde Nachrichten.

  • Es gibt viel zu viele Kirchenaustritte in Österreich, seit 10 Jahre jährlich mehr als 50.000, also mehr als die Einwohnerzahl in Osttirol.
  • Wir feiern mehr Begräbnisse als Taufen, auch ich habe fast doppelt so viele Begräbnisse wie taufen.
  • Der Priestermangel hat meist zur Folge, dass Großeinheiten für die Seelsorge geschaffen werden und der persönliche Kontakt zu den Priestern schwieriger wird.
  • Der Gottesdienstbesuch hatte durch Corona einen massiven Einbruch - auch bei uns- und sinkt weiterhin.

Derzeit sind 37 % der Bevölkerung von Innsbruck Mitglieder der katholischen Kirche, als weit weniger als die Hälfte.

Es ist gar nicht so leicht, mit diesen Zahlen gut umzugehen, so sehr ich ein Fan bin, die Situation ehrlich anzuschauen und sich nicht anzulügen.

 

Ich möchte als Antwort das Motto stellen: Auftreten statt Austreten, Reden statt schweigen, nachfragen statt dumm sterben.

Ein Blick aufs heutige Evangelium ist für mich hier sehr befreiend. Zunächst fallt auf (viele der folgenden Anregungen übernehme ich von Franz Kamphaus, Der Unbekannte aus Nazaret. Inspirationen zum Markus-Jahr): Auch Jesus selbst musste die Erfahrung machen, dass sich von ihm sogar Jünger trennen. Daraufhin zogen sich viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm umher. (V 66) Heißt es im heutigen Evangelium. Nun, wie reagiert Jesus?

 

Wollt auch ihr weggehen? - Freiheit

Jesus hält nichts von Zwang, ganz im Gegenteil. Er fordert zur Entscheidung heraus. Er sagt nicht: Ihr dürft mich nicht verlassen! Ich habe es nicht so gemeint! Oder: halb so schlimm! Nein, Jesus nimmt sein Angebot nicht zurück, auch nicht sein Lebensprogramm. Er deutet sogar sein grausames Sterben an: Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn aufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war. (V 62)

Gott sei Dank ist unser christlicher Glaube eine freie Entscheidung, Gott sei Dank leben wir in einem Land mit Religionsfreiheit.

Die Frage ist: Traue ich Christus und unserem Glauben zu, dass sie so attraktiv sind, dass Menschen sich dafür neu und gezielt entscheiden?

 

Herr, zu wem sollen wir gehen? – Was sind die Alternativen?

Petrus ist recht nüchtern: Es gibt keine gute Alternative, was wäre die Alternative?

Wir leben heute in einer Zeit, in der Menschen viele Alternativen und Auswahlmöglichkeiten haben. Manchmal habe ich den Eindruck, dass uns die vielen Möglichkeiten sogar überfordern. Menschen wählen neue Wege ohne große Entscheidung, manches ergibt sich einfach. Die Neigung, sich immer viele Türen offen zu lassen, macht es auch nicht immer leicht.

Gerade deswegen begrüße ich es, wenn sich Menschen genau und kritisch mit unserem Glauben beschäftigen. Nachfragen ist so wichtig. Hier werden wir in Zukunft noch mehr dranbleiben müssen.

Für mich ist klar: Unser Glaube hat das beste Menschenbild und beste Gottes- bild! Die Botschaft Jesu ist viel hilfreicher als die Hochleistungsgesellschaft, in der ich wertvoll bin, solange ich viel leiste und erfolgreich bin. Die Botschaft Jesu gibt Antwort auf viele Fragen, zu denen die Schickimicki-Gesellschaft schweigt.

 

Du hast Worte des ewigen Lebens - Überzeugung

Petrus formuliert dann ein großes Glaubensbekenntnis: Du hast Worte des ewigen Lebens (V 68) Deine Worte haben mit Ewigkeit zu tun. Deine Worte halten auch dann, wenn vieles im Leben unsicher wird, in Schuld, in Krankheit, in Not, im Sterben.

Wie geht es ihnen: Können sie auch sagen, dass Jesus für sie Worte ewigen Lebens hat?

 

Wir sind zum Glauben gekommen - Wir

Ich mag Bibeltexte auch deswegen so gern, weil sie immer wieder Überraschungen bieten. Spricht Petrus zunächst von seiner eigenen Erfahrung und Überzeugung, so wechselt er jetzt zum Wir der Gemeinschaft: Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes. (V69)

Petrus betont nicht, dass er allein vieles kapiert, die anderen aber zu dumm oder zu schwach sind. Nein, ganz im Gegenteil. Er weiß um die Kraft der Gemeinschaft rings um Jesus, die ihm schon geholfen hat und später noch mehr helfen wird. Davon weiß er jetzt noch nicht, aber vielleicht ahnt er es.

Für mich wird immer wichtiger, dass unser Glaube viel mit Gemeinschaft zu tun hat. Glaube ist nicht nur eine Angelegenheit zwischen meiner Seele und Gott.

Es gibt eine gemeinsame Hilfe und Verantwortung im Glauben. Das ist eine große Chance und ein Auftrag, für uns, für unsere Pfarren und unsere Gesellschaft.  Das und die Einladung, sich genauer mit dem Glauben zu beschäftigen, ist wohl die nachhaltigste Antwort auf die anfangs genannten Statistiken.

Details
  • Datum: 25. August 2024
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 6,60-69