Predigt Fühle ich mich als Rumpelkammer oder Pulverfass
Beschreibung
Predigt Fühle ich mich als Rumpelkammer und Pulverfass?
Evangelium Johnannes 2,13-25; 3. März 2024, 3. Fastensonntag
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid
„Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt“ so die Worte des Apostels Paulus in seinem Brief an die Korinther (1 Kor 3,16). Ausgehend von diesem großen Bibelwort wurde im Lauf der Geschichte immer wieder folgendes Kompliment betont: Unser Leib ist so etwas wie der Tempel Gottes, in dem und mit dem ich Gott begegnen kann. Er ist der Ort, wo HimmPel und Erde sich berühren. Das sind tiefgehende Gedanken und ein Kompliment an uns Menschen.
Von diesem Hintergrund her bekommt das Evangelium vom Hinausschmeißen der Geldwechsler aus dem Jerusalemer Tempel eine ganz neue Bedeutung.
- Es geht jetzt nicht mehr um die Frage, wie Jesus im hoch bewachten Jerusalemer Tempel solche Aktionen starten konnte
- oder in welchem Bereich des Tempels die Austreibung geschah
- oder ob Jesus, der so viel vom Frieden redet, hier nicht die eigene Botschaft verraten hat. Sind ihm die Emotionen durchgegangen?
Mit dem Vergleich unseres Leibes als Tempel Gottes geht es darum, was Jesus aus unserem Tempel forthaben will, damit wir nicht eine Räuberhöhle werden, sondern der Tempel Gottes bleiben. Es zahlt sich aus, immer wieder nachzudenken, was solche Kräfte und Gefahren sind, die uns die Mitte nehmen. Im Blick auf den Jerusalemer Tempel ergeben sich besonders drei Gefahren:
Angefüllt wie eine Rumpelkammer
Kennen Sie die Erfahrung: Dieses muss ich tun und jenes sowieso. Alles soll in uns gleichzeitig Platz haben. Alles muss wichtig sein und wird schlussendlich gleich unwichtig. Über solche Menschen, die überall sind, nur nicht in sich selbst, meint Karl Valentin ganz treffend: „Ich gehe mich morgen besuchen, mal schauen, ob ich daheim bin.“
Der Tempel von Jerusalem war zur Zeit Jesu mit allen möglichen Sachen gefüllt. Nicht nur die Geldwechsler hatten ihren Platz, sondern auch andere Gruppen mit ihren Interessen. Da bestand die Gefahr, dass ausgerechnet die ruhige Mitte des Tempels übersehen und vergessen wurde. Das Allerheiligste im Jerusalemer war ein leerer Raum, in den nur einmal im Jahr am großen Versöhnungstag ein Priester hineingehen könnte. Der leere Raum stand für das unbegreifliche Wunder Gottes.
Für mich ist dies symbolträchtig: Unsere Mitte, wo die Ruhe einkehren will, hat es oft nicht leicht bei so viel „Wichtigem“ ringsherum. Wenn Jesus Ordnung im Tempel macht und viel Überflüssiges hinauswirft, will er uns sagen: Setze Schwerpunkte, damit das Wesentliche nicht zu kurz kommt. Räum nicht nur deine Wohnung vor Weihnachten und Ostern auf, sondern entsorge auch einiges aus deinem Inneren.
Geldsucht statt Suche nach Gott
In uns Menschen ist oft vieles ähnlich wie damals im Tempel von Jerusalem: Das Sammeln von Geld und das ständige Schielen nach noch mehr nimmt uns in Bann. Die Angst liegt im Nacken, dass jemand mehr hat als ich.
Wenn Jesus die Geldwechsler so scharf anpackt – ähnlich hart ist er nur mit den selbstgerechten Menschen - will er uns wohl mahnen, dass man mit der Geldsucht und dem Neid keine faulen Kompromisse schließen darf. Sie bekommen eine Eigendynamik und nehmen uns ganz in Bann. Wo euer Schatz ist, da ist euer Herz.
Angespannt wie ein Pulverfass
Der Tempel in Jerusalem war zur Zeit Jesu wie ein Pulverfass, ganz besonders zu den hohen Feiertagen. Aus Angst vor Aufständen und Revolten herrschte Großalarm. Kurzschlusshandlungen waren eine Folge davon.
Wenn der Tempel unseres Leibes ein Pulverfass wird, dann passiert ähnliches:
- Ich reagiere auf jede Anfrage empfindlich und rieche sowieso hinter allem Betrug und Verrat.
- Ich bin nervös und angespannt. Wie soll es hier zu Vertrauen und sogar zur Gottesbegegnung kommen.
Mir kommt vor, dass unsere Welt in den letzten Jahren immer nervöser und aggressiver geworden ist. Das sehe ich am Sprachstiel der führenden PolitikerInnen, dass sehe ich an der leider zunehmenden Gewalt, auch in den Schulklassen und Familien.
Jesus will nicht, dass der Tempel unseres Leibes eine Räuberhöhle wird, er will, dass er das Haus Gottes ist, in dem Gottes Geist des Vertrauens und der Versöhnung wirksam werden kann.
Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt.
Das ist für mich eines der größten Komplimente nicht nur für uns Menschen, sondern auch für unserer Körper. Das Kompliment ist viel mehr als der erste Preis bei einem Schönheitswettbewerb.
Details
- Datum: 3. März 2024
- Prediger: Franz Troyer
- Bibelstelle: Johannes 2,13-25