Beschreibung

Predigt O Heiland reiß die Himmel auf

Lesung: Jesaja 63,19; Advent 2022

 

Im Jahr 1622, also genau vor 400 Jahren, schrieb der Jesuit Friedrich Spee das bekannte Adventlied „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“. Mitten in der Angst und in der Not des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) versteht es Friedrich Spee in diesem Lied, das Leid der Menschen zu benennen und das Vertrauen auszudrücken, das Verbesserungen und Erlösung von Gott kommen. Der gezielte Blick auf die Quelle meiner Hoffnung und meines Vertrauens hilft auch heute, um bewusster zu leben und klarer zu handeln. Die einzelnen Strophen des Liedes können dazu eine Hilfe sein.

 

Wer schafft den Himmel auf Erden

O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

Wer von uns kennt nicht den Gedanken, dass Schloss und Riegel den Zugang zum Himmel versperren. Da muss sich etwas ändern, da muss Gott etwas ändern. Der Hilferuf des Liedes geht auf eine Bitte des Propheten Jesaja zurück: „Hättest du doch den Himmel zerrissen und währest herabgestiegen!“ (Jesaja 63,19) Traue ich Gott diese Änderung zu oder verlasse ich mich liebe auf mich selbst? Mitten im vielen Leid versuchen heute viele Menschen, sich selbst den Himmel auf Erden zu schaffen und wie beim Turmbau zu Babel selber Gott zu spielen. Aber das Wirken Gottes und unser Einsatz sind kein Gegensatz, sie sollen sich ergänzen. Betende Menschen haben nicht weniger Probleme, aber mehr Lösungsmöglichkeiten.

 

O Gott, ein’ Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.
O Erd, schlag aus, schlag aus, o Erd, dass Berg und Tal grün alles werd.
O Erd, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring.

In den Anreden „O Gott“, „O Erd“ und „O klare Sonn“ (nächste Strophe) greift Friedrich von Spee auf die O-Antiphonen der Adventzeit zurück, die in den sieben Tagen vor dem Weihnachtsfest in der katholischen Liturgie gesungen werden. Auch hier übernimmt er Worte des Propheten Jesaja: „Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse Gerechtigkeit sprießen. Ich, der HERR, erschaffe es.“ (Jesaja 45,8) Gott möge Tau und Regen schicken, damit die Natur gut wachsen kann. Gott möge mit Tauwetter die verhärteten Fronten und eisigen Stimmungen unter Menschen aufweichen. Die Bitte, dass der Heiland wie der tägliche Tau kommt und wie ein Blümlein aus der Erde springt, betont, dass er nicht wie Kriegshorden gewaltsam eindringt, sondern beständig und behutsam, ja sogar zerbrechlich unsere Nähe sucht. Es geht nicht darum, Löcher in die Erde zu bomben, sondern die Liebe Jesu wachsen zu lassen.

 

Hast du Sehnsucht nach dem Erlöser?

Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?
O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.
O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir anschauen gern;
o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.

Wer ist Jesus für dich? Was erwartest du von Jesus? Hast du Jesus schon einmal als Trost der ganzen Welt erfahren oder spürst du, dass Jesus das Fundament aller Hoffnung ist? Viele Menschen sagen heute, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, ihre Gedanken und Gefühle und ihren Alltag mit Gott in Verbindung zu bringen. Ihre Sehnsucht nach dem Erlöser ist zugeschüttet. Es stellt sich die Frage, wie heute Menschen Halt und Zuversicht finden und was davon ein Strohhalm oder eine Seifenblase ist.

 

Not und Erlösung
Hier leiden wir die größte Not, vor Augen steht der ewig Tod.
Ach komm, führ uns mit starker Hand vom Elend zu dem 
Vaterland.

Die Jahren 2020-2022 waren bedingt durch die Coronapandemie schwierige Jahre. Der Krieg vor unserer Haustür nimmt vielen das Vertrauen, dass der Mensch von der Geschichte lernt. Die Teuerungen und Probleme, gute ArbeiterInnen für die Betriebe zu finden, hängen wie dunkle Wolken über uns und lösen Unsicherheiten und Angst aus. Wie geht es weiter? Wie wird das kommende Jahr 2023?

Manchmal denke ich mir: Es ist zu wenig, wenn wir uns im Advent und zu Weihnachten eine heile Welt vorgaukeln. Wir müssen wohl auch das Jammertal in der Welt und in uns anschauen, um es von Innen her verwandeln zu können.

Nicht nur Stimmung genießen, selber eine gute Atmosphäre schaffen. Nicht nur Kerzen anzünden, selber Licht sein. Nicht nur die Menschwerdung Gottes feiern, selbst Mensch bleiben. Nicht nur Weihnachtslieder singen, selber zum Lied werden. Nicht nur Gaben verschenken, selber zum Geschenk werden. Nicht nur Weihnachtsgrüße schreiben, selber zum Wunsch werden für andere. Das Kind in der Krippe anbeten, aber auch alle seine Brüder und Schwestern annehmen. Dazu braucht es Mut und Ausdauer. Gott geht im neugeborenen Kind mit gutem Beispiel voran. Er ermutigt uns, das Fenster der Verletzlichkeit offen zu lassen, um nicht ein harter oder ein besserwisserischer Stein zu werden.

 

Details
  • Datum: 4. Dezember 2022
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Jesaja 63,19