Predigt Ich muss nicht Mose sein, aber ich selbst
Beschreibung
Predigt Ich muss nicht Mose sein, aber ich selbst
Lesung Ex 3,1-15; 3. Fastensonntag 2022
Ich finde es spannend, wie die Bibel die Berufung des Mose schildert. Schon der Start verheißt vieles: „Mose, Mose!“ Wenn Gott in der Bibel jemanden zweimal beim Namen nennt, dann geschieht im wahrsten Sinn des Wortes Neuanfang und Heilsgeschichte. Auch Jakob, Samuel, Marta, Simon Petrus und Saulus erfahren dies.
Mose bekommt von Gott im brennenden Dornbusch den Auftrag, sein Volk aus Ägypten zu befreien. Im Gespräch mit Gott fragt Mose zu Recht nach, wie das gehen soll. Er fragt sogar fünfmal nach. Diese fünf Anfragen betreffen auch mich. Von ihnen kann ich viel lernen im Alltag und in der Arbeit in der Pfarre.
Frage 1: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Israeliten aus Ägypten herausführen könnte (Exodus 3,11)
„Wer bin ich?“ Die erste Frage des Mose ist verständlich: Warum soll ich das tun? Der Pharao wird doch seine Sklaven nicht freiwillig freilassen! Bin ich geeignet für die große Aufgabe, das Volk Israel aus Ägypten hinauszuführen? Das kann ja nur daneben gehen. Noch dazu soll ich zum Pharao gehen.
Die Antwort Gottes wirkt zunächst eigenartig: „Ich bin mit dir.“ Das heißt: Mach dir keine Sorgen: Du musst nicht alles allein tun. Ich helfe dir. Dein Wert und Selbstbewusstsein beginnen nicht bei deinem Erfolg, sondern mit der Zusage, dass jemand hinter dir steht.
Frage 2: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen sagen? (Exodus 3,13)
Mose richtet hier seinen Blick nicht mehr auf den Pharao, sondern auf sein Volk, die Israeliten. Die wollen doch wissen, ob Mose ein Scharlatan ist oder nicht.
Gott erfüllt seinen Wunsch und gibt seinen geheimnisvollen Namen bekannt: „Ich bin der Ich-bin-da“. Dieser Name spricht für Qualität und Garantie. Den Namen kennen heißt, dass ein persönlicher Kontakt möglich ist. Auf Gott als Auftraggeber wird sich Mose im Laufe seines Lebens hundertprozentig verlassen können. Die Nähe zu ihm wird ihm gerade in Stunden der Mutlosigkeit und Verzweiflung neue Kraft schenken.
Frage 3: Was aber, wenn sie mir nicht glauben und nicht auf mich hören, sondern sagen: Der HERR ist dir nicht erschienen? (Exodus 4,1)
Noch einmal stellt Mose die Frage, ob die Israeliten ihm wohl glauben werden. Hier geht es um seine Autorität und Legitimierung vor den Menschen. Wie werden mich die Menschen aufnehmen? Habe ich eine Chance?
Als Antwort und Hilfe schenkt Gott dem Mose einen Stab. Dieser Stab wird für Mose und das Volk Israel in vielen Situationen nicht nur Halt sein, sondern auch ein Symbol der Kraft Gottes. Mit diesem Stab wird er das Meer trennen. Er wird damit in der Wüste an den Felsen schlagen und es kommt Wasser heraus. Auch vor dem Pharao wird er den Stock als Zeichen seines göttlichen Auftrages verwenden.
Frage 4: Aber bitte, Herr, ich bin keiner, der gut reden kann, weder gestern noch vorgestern, noch seitdem du mit deinem Knecht sprichst. Mein Mund und meine Zunge sind nämlich schwerfällig. (Exodus 4,10)
Mose zweifelt an seinen Fähigkeiten, besonders an der Kunst zu reden.
Dieser Zweifel betrifft uns alle: Was traue ich mir zu, wie kann ich in der neuen Aufgabe wachsen? Wie verbinde ich die eigenen Grenzen mit den vielen Anforderungen, ohne mich ständig zu überfordern oder ständig enttäuscht zu werden?
Hier eine Besonderheit: Obwohl Mose bei der Berufung betont, er könne nicht reden, zeigt ihn die Bibel als einen ausgezeichneten Redner. Ist er mit seiner Aufgabe gewachsen? Ist sein Einwand eine Ausrede oder Ausdruck von Unsicherheit?
Frage 5: Aber bitte, Herr, sende doch, wen du senden willst! (Exodus 4,13)
Das ist wohl die häufigste Bitte und Ausrede von uns allen. Das sollen die anderen tun! Die anderen können es besser.
Die Bibel berichtet, dass es Gott nach diesem Einwand reicht, seine Geduld scheint vorbei zu sein. Und trotzdem geht Gott auf das Anliegen des Mose ein und stellt ihm seinen Bruder Aaron an die Seite.
Wir sehen anhand der Berufungsgeschichte des Mose:
- Wir alle haben eine Lebensverantwortung, die nur wir erfüllen und die wir nicht abschieben können.
- Es wird auch klar, dass wir bei aller Verantwortung nicht als Einzelhelden alles allein tun sollen. Wir können und sollen uns von anderen helfen lassen. Uns wird Aaron an die Seite gestellt.
- Wir sehen auch: Jede Übernahme von Verantwortung ist nicht nur angenehm und verlockend, sondern zu Recht mit Widerständen, Fragen und Ängsten verbunden.
Um der schönen Verantwortung für unser Leben gerecht zu werden, müssen und können wir kein Mose sein. Aber wir müssen und können wir selbst sein.
Details
- Datum: 20. März 2022
- Prediger: Franz Troyer
- Bibelstelle: Exodus 3-4