Beschreibung

Predigt Bibelsonntag 2022 - Heute hat sich das Schriftwort erfüllt

Evangelium: Lukas 1,1-4; 4,14-21; Lesung: Nehemia 8

 

Habt ihr euch hier in St. Andrä in der Weihnachtszeit die Holztafelkrippe vor dem Altar genauer angeschaut? Ist euch dabei etwas Besonderes aufgefallen?

 

 

 

Ja, da sahen wir nicht nur Maria und Josef mit dem Jesuskind und rings herum die Hirten und ab Dreikönig rings herum die Hl. Dreikönige, sondern vor dem Jesuskind war noch etwas Besonderes: Vor dem Jesuskind lag auf einem schönen Ständer eine geöffnete Bibel. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“

 

Ich weiß nicht, seit wann die geöffnete Bibel die Weihnachtskrippe vor dem Altar schmückt. Auf jeden Falls ist die Idee super. Damit wird klar ausgedrückt, dass Jesus nicht ein bisschen etwas und ab und zu vom Wort Gottes erzählt, sondern dass er das Wort Gottes ist. Gott schickt mit der Bibel nicht nur einen Brief, sondern er kommt selbst. Die Theologie sagt: Jesus bringt nicht nur die Offenbarung, sondern er ist die Offenbarung. Jesus zeigt mit Haut und Haaren, wie Gott tickt.

 

Jesus ist das Wort Gottes

Heute hat sich das Schriftwort erfüllt! So sagt Jesus im heutigen Evangelium in der Synagoge von Nazaret. Vielleicht fragen sie sich: Welches Schriftwort ist damit gemeint?  Vom Bibeltext her ist die Antwort ganz klar, es sind die Worte vom Propheten Jesaja, die Jesus soeben vorgelesen hat:  Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze.

 

Habt ihr diese Worte gehört? Da behauptet jemand allen Ernstes,

  • dass der Geist des Herrn auf ihm ruht,
  • dass er gesalbt wurde,
  • dass er gesandt ist, den Armen die Frohe Botschaft zu bringen
  • und den Gefangenen die Entlassung zu verkünden
  • und den Blinden das Augenlicht zu verkünden
  • und die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen.

Schön wär´s, wenn das so einfach geht!

 

Die Leute von Nazaret jedenfalls haben Jesu Anspruch verstanden.

Mich wundert es nicht, dass sie ihn deswegen aus der Stadt hinaustreiben und den Berg hinunterstürzen wollten. Sie haben kapiert, dass es hier nicht um belangloses Reden geht, sondern dass es Jesus ernst meint.

 

Die Bibelworte wiederkäuen

Heute hat sich das Schriftwort erfüllt!

Ich frage mich oft und heute am Bibelsonntag ganz besonders, wie die Worte der Bibel stärker unser Leben prägen und uns zu Jesus hinführen können.

  • Es ist sicher wichtig, dass wir die Bibelworte mit dem Anspruch hören, dass hier Gott zu uns spricht, wenn auch in der Sprache von Menschen und in der Sprache der damaligen Zeit, die uns nicht mehr ganz vertraut ist.
  • Es ist auch wichtig, dass wir ein Gespür bekommen für die verdichtete Sprache der Bibel. Sie ist nicht ein Schnellimbiss, sondern eher eine Vollkornkost, die wir gut und lange kauen sollen. Nicht ohne Grund verwenden die Kirchenväter für den Umgang der Bibel das Bild der wiederkäuenden Kühe. Wie die Kühe die Nahrung wiederkäuen, so sollen wir Gottes Wort immer wieder kauen und meditieren.
  • Es wäre schade, wenn wir die Bibelworte nur als Brauchtum sehen, wie manche aus Brauchtum eine Weihnachtskrippe aufstellen.
  • Es wäre auch schade, wenn wir die Bibelworte nur mit der Vorstellung hören, dass hier alte Geschichten vorgelesen werden, die eh nicht ganz stimmen.

 

Geöffnetes Buch

Eine Hilfe und ein Zeichen dafür, dass wir uns beim Gottesdienst für Gottes Wort öffnen, kann das gezielte Öffnen der Bibel vor den Augen aller sein.

Heute wird uns in den Bibelworten gleich zweimal davon erzählt: Von Nehemia wird beschrieben, dass er vor den Augen aller das Buch der Weisung Gottes öffnet. Von Jesus wird betont, dass man ihm die Schriftrollen des Jesaja reicht und er sie dann öffnet.

Ich finde es schön, dass wir bei den Gottesdiensten das große festliche Lektionar verwenden und nicht nur kopierte Zettel. Ich finde es wichtig, dass wir das Lektionar nach dem Lesen nicht sofort weglegen oder wegräumen, sondern offen zeigen.

 

Vielleicht finden wir in unserer Kirche einen Ort für die offene Bibel nicht nur in der Weihnachtszeit vor der Krippe. Heute jedenfalls werde ich das Lektionar offen auf den Altar stellen.

 

Details
  • Datum: 22. Januar 2022
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 4,14-21